Hasen und Kaninchen: Unterschiede, grösser als nur eine Ohrlänge
10.07.2025 - Lesedauer: 3 Minuten

Wenn Kaninchen ins Haus einziehen, hilft in Bezug auf deren Haltung und Bedürfnisse ein Blick auf das Leben ihrer „wilden Verwandten“. Lerne bekannte und weniger bekannte Unterschiede bei Hasen und Kaninchen kennen und erfahre, warum Stallhasen keine Hasen sind.
Hasen oder Kaninchen – was macht den Unterschied aus?
Als Meister Lampe besitzt der (Feld-)Hase einen festen Platz in unserer Kultur, den Mythen und Märchen. An Ostern beherrscht er als vergnügter Eierbote das Geschehen. Der Maler Albrecht Dürer setzte ihm ein ewiges Denkmal, und stets verknüpfen Menschen das Wesen des Feldbewohners mit Schwung und Fröhlichkeit. Neben ihm betritt sein Cousin die Bühne der populären Haustiere: das Kaninchen. Und während beide nicht selten in einen Topf geworfen werden, so trennt sie doch mehr als weithin bekannt ist. Gemein ist den Mümmelmännern nur wenig: Sie gehören beide nicht zu den Nagetieren, sondern zu den „Hasenartigen“. Und beide sind ausgeprägte Fluchttiere.
In Lebensweise und Optik weisen Hasen und Kaninchen wesentliche Unterschiede auf. Hier ein kleiner Überblick:
- Körperbau und Aussehen: Hasen schlank und gross, lange Ohren, lange und muskulöse Beine; Kaninchen klein und gedrungen, kurze Ohren, kurze Beine
- Masse: Hasen 50 bis 70 Zentimeter lang und 4 bis 7 Kilogramm schwer; Kaninchen 25 bis 40 Zentimeter lang und 1 bis 3 Kilogramm schwer
- Färbung: Hasen graubraun mit schwarz-weissem Schwanz (Blume genannt); Wildkaninchen ebenfalls graubraun, im Nacken rostrot bis braun; Hauskaninchen in zahlreichen Farbvarianten
- Lebensraum: Hasen Felder, Wiesen und Wald; Kaninchen dichtes Gelände, kleine Wiesen oder tiefer liegende Bauten
- Soziales Verhalten: Hasen Einzelgänger (ausser Paarungszeit); Kaninchen in geselligen Gruppen
- Kinderstube: Hasen Nestflüchter, bei Geburt behaart mit ausgeprägten Seh- und Hörsinn; Kaninchen Nesthocker, bei Geburt nackt, blind und hilflos
Übrigens: Der biologischen Kreuzung zwischen beiden Vertretern hat Mutter Natur einen Riegel vorgeschoben. So verfügen Kaninchen nur über 44 Chromosomen. Beim grösseren Hasen beträgt die Zahl 48.
Was steht auf dem Speiseplan?
Beide – Hasen wie Kaninchen – bevorzugen als Pflanzenfresser das Angebot ihrer natürlichen Umgebung. Gräser, Wurzeln und Knollen sowie aromatische Kräuter landen gut zermahlen im Magen. Getreide und Kohl erweitern die Liste bevorzugter Nahrung. Im Winter greifen beide auf Rinde, Knospen und Zweige zurück.
Während Kaninchen jedoch als längst etablierter Bewohner der Innenstädte in Parks und Anlagen reichhaltige Nahrung finden, verödet das Angebot für Hasen auf Acker und Feld. Gründe dafür sind die Monokultur in der Landwirtschaft und flächendeckende Unkrautvernichtung.
Info: Auch Zierkaninchen, populäres Familienmitglied in vielen Haushalten, lieben die Abwechslung im Futternapf.
Eine Haltung von Hasen ist nicht erlaubt. Sie gehören zu den geschützten Tieren und dürfen weder gezüchtet noch der Natur entnommen werden. Übrigens: Auch wenn der grosse „Stallhase“ je nach Rasse stark an das Langohr erinnert – er ist tatsächlich ein Kaninchen.
Wer schafft den Sprung in die Zivilisation?
Ausgehend von Europa eroberten sich beide Arten mit den Menschen Australien und Südamerika. Auch in Neuseeland und Teilen Ozeaniens fanden die Tiere beste Voraussetzungen, um heimisch zu werden. Anders als Feldhasen (Lepus europaeus) – kurz Hasen – haben sich Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) als Wild- und Haustiere Herz und Lebensraum des Menschen erobert. Trotz ihrer Anpassung an einen stark veränderten Lebensraum geraten Hasen immer mehr in Bedrängnis und gehen mittlerweile zu den gefährdeten Arten. Flurbereinigung und exzessive Landwirtschaften rauben ihnen zusehends die notwendigen Schutzräume in kleinen Wäldern und Büschen, was nicht zuletzt die Aufzucht der Jungtiere gefährdet.
Hingegen haben sich Kaninchen in manchen Innenstädten derart ausbreitet, dass sie mancherorts als Plage angesehen werden. Unterirdische Tunnelsysteme in Parks, auf Friedhöfen und in sonnengewärmten Hochwasserdämmen erlauben den Kaninchen-Grossfamilien, bei Gefahr abzutauchen. Dort wächst der Nachwuchs von zwei bis sieben Tieren nach 30 Tagen Tragezeit geschützt auf. In Anbetracht der Grösse der Familienverbände steigt die Population schnell an. Auch das ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Hasen und Kaninchen. Denn der langohrige Einzelgänger trifft den Partner nur kurzzeitig zur Paarung von Januar bis Oktober.
Das macht Hasen und Kaninchen das Leben schwer
Im Vergleich von Hasen und Kaninchen zeigen sich die Gefahren für beide sehr ähnlich. Neben der modernen Welt mit schnell fahrenden Autos, Umweltgiften wie Düngemitteln, einseitiger Bestellung der Felder und Jägern stellen ihnen Greif- und Rabenvögel sowie Füchse nach. Während Kaninchen dann schnellstmöglich den nächsten Baueingang ansteuern, suchen Hasen ihr Heil in einer rasant schnellen Flucht mit bis zu 70 Stundenkilometern. Dabei verwirren sie die Verfolger mit beeindruckenden Richtungswechseln und immenser Sprungkraft von bis zu zwei Metern Höhe.